Heilige Bewegung: Yoga als Form von christlichem Lobpreis?

Wie alles andere in der Welt, unterliegt auch das Verständnis spiritueller Praxis einem stetigen Wandel. Was und wie wir heute leben und glauben hat andere Nuancen, weicht deutlich ab, oder ist sogar grundverschieden von den spirituellen Praktiken der Menschen anderer Zeiten. Doch wir müssen gar nicht in andere Zeiten blicken, denn schon ein Blick über den eigenen Tellerrand an andere Orte zu unserer Zeit reicht aus, um klarzumachen, dass weder Christentum noch Spiritualität so einheitlich auftreten, wie wir das intuitiv vielleicht annehmen würden. Wenn wir uns also die Frage stellen, ob Yoga als Form von christlichem Lobpreis verstanden werden, und welche Rolle es in der heutigen spirituellen Praxis von Christinnen und Christen spielen kann oder sollte, so sind wir durchaus mit einer komplexen Frage beschäftigt. Um diese zu beantworten, wollen wir in diesem Post kurz betrachten, was Lobpreis eigentlich ist, und ob sich auf Basis dieser Erkenntnisse Parallelen zum Christlichen Yoga ziehen lassen bzw. dieses als Form christlichen Lobpreises verstanden werden kann.

Heilige Bewegung: Yoga als Form von christlichem Lobpreis?

Große Vielfalt und vereinende Elemente

Christlicher Lobpreis ist eine spirituelle Praxis und ein Teil bzw. eine Form des Gottesdienstes, die in vielen christlichen Gemeinschaften praktiziert wird. Wie auch in grundsätzlichen Fragen der Spiritualität gibt es beim Lobpreis sehr verschiedene Stile und Formen, die schon im musikalischen Bereich von traditioneller Kirchenmusik bis zu zeitgenössischer Lobpreismusik reichen können. In einigen Gemeinschaften kann Lobpreis eher formell sein, während er in anderen informeller und spontaner ist. Je nach Verständnis werden auch andere Elemente, wie beispielsweise Malerei oder Tanz, als Lobpreis angesehen und gelebt. Letztendlich steht Lobpreis innerhalb des christlichen Glaubens aber immer im Dienst der Dankbarkeit, spirituellen Vertiefung und des Lobes Gottes durch Gebet, Musik, Gesang oder andere Ausdrucksformen. Das Verständnis und die Praxis des christlichen Lobpreises können von einer Konfession oder Gemeinschaft zur anderen variieren, aber im Allgemeinen umfasst es die folgenden Elemente, die uns bei der Verknüpfung mit Yoga spannende Perspektiven bieten:

Anbetung verkörpern

Psalm 95:6: "Kommt, lasst uns anbeten und niederfallen und knien vor dem HERRN, der uns gemacht hat." Im Zentrum des Christentums steht der Glaube an einen allmächtigen und liebenden Gott, welcher der Verehrung und Anbetung würdig ist. Wie Psalm 95 ausdrückt, ist unser Körper dabei ein bedeutendes Gefäß. Man mag sogar sagen, dass er das zentrale Gefäß ist, welches uns als Menschen zur Verfügung steht. Niederfallen und knien vor dem Herrn zeugen von einer solchen körperzentrierten Praxis. Hier steht Yoga in einer offensichtlichen Tradition, Überzeugungen zu verkörpern und kann, besonders im Christentum des Westens, welches über viele Jahrhunderte von körperfeindlichen Haltungen geprägt worden ist, helfen, wieder Frieden mit dem eigenen Körper zu schließen, diesen als Gefäß Gottes anzunehmen und mit ihm anzubeten.

Den Körper als Tempel Gottes ehren

Im Christentum gilt der Körper darüber hinaus als heiliges Gefäß, das nach dem Bild Gottes geschaffen wurde (1. Korinther 6:19-20). Ebenso ermutigt schon das klassische Yoga die Praktizierenden, ihren Körper als Tempel des Göttlichen zu respektieren und zu pflegen. Durch die Ausübung verschiedener Yoga-Stellungen (Asanas) können Christen Gott ehren, indem sie körperliche Stärke, Flexibilität und allgemeines Wohlbefinden kultivieren. Die achtsame Ausübung von Yoga fördert auch die Wertschätzung für die Gabe des Körpers und die Fähigkeit, sich zu bewegen und zu atmen – Aspekte der Gnade Gottes, die es wertzuschätzen gilt.

Dankbarkeit praktizieren

1 Thessalonicher 5:18: "Danket in allem; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch." Christen sind dankbar für die Liebe, Barmherzigkeit und Gnade, die sie von Gott erfahren. Lobpreis ist eine Möglichkeit, diese Dankbarkeit auszudrücken. Dabei lehrt uns Yoga, wie Thessalonicher es ausdrückt, in allem zu danken. Denn nicht immer ist der Körper in dem Zustand, wie wir es vielleicht gerne hätten. Schon von Tag zu Tag können hier große Unterschiede in unserer Form auftreten. Auf der Yogamatte lernen wir, mit genau dieser Form zu leben. So, wie es heute ist, ist es okay. Genauso, wie ich heute bin, kann ich meine Praxis gestalten. Und darin können wir vielleicht auch Kontakt damit aufnehmen, was Thessalonicher ausdrücken möchte: Das die Schätze unseres Lebens nicht nur in den hellen, sondern vielleicht gerade auch in den dunklen Zeiten gefunden werden können. Und dass unser Lobpreis, unsere Dankbarkeit, auch diesen Zeiten und Erfahrungen gilt.

Gottes Gegenwart erleben

Christen glauben, dass Gott inmitten des Lobpreises gegenwärtig ist. Psalm 22:3: "Du aber bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels." Doch Gott ist nicht nur im Gesang anwesend, sondern offenbart sich schon dem Volk Israels als der Gott, der an jedem Ort erkannt werden kann, insofern wir nur unsere (mentalen) Schuhe ausziehen und unseren Blick auf das richten, was gerade vor uns liegt (Exodus 3,1). Auch Yoga-Asanas können von dieser Absicht und Hingabe durchdrungen sein und körperliche Bewegungen in gottesdienstliche Handlungen verwandeln. Während Christinnen die Posen durchlaufen, können sie ihre Gedanken und Absichten auf Gott richten und jede Bewegung als eine Form der Vergegenwärtigung und so des Gebets und Lobes anbieten. Diese Praxis schafft eine nahtlose Verbindung zwischen dem physischen und dem spirituellen Bereich und ermöglicht es, in der Praxis ein gesteigertes Gefühl der Gegenwart und Gnade Gottes zu erfahren.

Gemeinschaft pflegen

Lobpreis ist auch ein Ausdruck von und fördert die Gemeinschaft unter Gläubigen. Wenn wir zusammenkommen, um Gott zu loben und anzubeten, stärkt dies die Bindung und unterstützt die spirituelle Einheit in der Gemeinschaft. Aus dieser Perspektive kann auch das regelmäßige Zusammenkommen in einer Christlichen Yogagruppe verstanden werden. Hebräer 10:24-25 sagt: "Und lasst uns aufeinander achthaben und uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Werken anspornen, indem wir unser eigenes Versammeln nicht versäumen." So kann über die Praxis des Christlichen Yoga ein gegenseitiges Ermutigen, aufeinander Achthaben und Anspornen zu guten Praktiken direkt im Alltag von Christinnen und Christen verankert werden.

Auf Basis der erwähnten Aspekte wird deutlich, dass die Ausübung von Christlichem Yoga durchaus als Form des christlichen Gottesdienstes bzw. Lobpreises verstanden werden kann. Sie ist in jedem Falle eine persönliche und bedeutungsvolle Reise, die es Praktizierenden ermöglicht, ihren Glauben und ihre spirituelle Verbindung zu vertiefen. Indem Christen sich Yoga mit gebeterfüllter Absicht, Hingabe und Achtsamkeit nähern, können sie die transformative Kraft dieser alten Disziplin im Kontext ihres Glaubens erleben. Yoga als eine Form der Anbetung zu nutzen, kann die christliche Spiritualität bereichern und zu einem tieferen Verständnis des Körpers als Tempel Gottes, der Meditation als Tor zur göttlichen Offenbarung und der Einheit mit dem Göttlichen durch die Integration physischer, mentaler und spiritueller Dimensionen führen. Letztendlich bietet Christliches Yoga so einen heiligen Raum, um Gottes Gnade, Liebe und Präsenz in jedem Atemzug und jeder Bewegung zu erfahren und ein tieferes Gefühl der Hingabe und Gemeinschaft mit dem Allmächtigen zu fördern.